Der Weg zu einer naturwissenschaftlichen Grundbildung in den Realschulen in Baden-Württemberg führt über das Lernen in lebensnahen Situationen. Dieser Weg gibt Schülerinnen und Schülern genügend Zeit, sich handelnd in naturwissenschaftliche Problemstellungen zu vertiefen. Diese Problemstellungen sind allgemein gehalten und orientieren sich nicht am systematischen Aufbau der Disziplinen Biologie, Chemie und Physik, sondern an Phänomenen in Natur und Technik. Die Bildungsstandards für den Fächerverbund Naturwissenschaftliches Arbeiten (NWA) beschreiben fachliche und überfachliche Kompetenzen. Diese Kompetenzen werden erworben durch allgemeine und spezifische Arbeitsweisen wie Beobachten, Experimentieren, Messen und Erschließen von Phänomenen, Begriffen und Strukturen.
Der Fächerverbund NWA überwindet die Grenzen zwischen den bisherigen Schulfächern Biologie, Chemie und Physik, ohne die Stärken biologischer, chemischer oder physikalischer Sicht- und Denkweisen zu vernachlässigen. Kern ist eine naturwissenschaftliche Grundbildung auf der Grundlage naturwissenschaftlicher Methoden. Das Erleben, Erlernen und Anwenden dieser Methoden rechtfertigt sich aber nicht nur durch deren Bedeutung für die Naturwissenschaften. Zugleich bietet sich die Chance, eine allgemeine Handlungskompetenz in ethischer Verantwortung zu erwerben. Dazu gehören Teilkompetenzen wie Lesefähigkeit und die Fähigkeit zur Informationsbeschaffung genauso wie Teamfähigkeit oder das Darstellen und Präsentieren.
Die Teilziele des Bildungsplanes von 1994 wie "Trägheit", "Elektron", "Aktivierungsenergie" oder "Abwehrzellen und Antikörper" werden abgelöst durch Vorgaben wie "Modellversuche und Simulationen planen und durchdenken", "Erkenntnisse in praktischen Alltagssituationen nutzen und anwenden", "Ergebnisse dokumentieren und systematisieren" oder "Wie Tiere leben beispielhaft erlebt, beschrieben und umfassend ausgewertet".
Der Bildungsplan 2004 legt erstmals fest, dass die Recherche neben dem Experiment eine wichtige Vorgehensweise im naturwissenschaftlichen Unterricht darstellen kann. Damit eröffnet der NWA-Unterricht ein weiteres Übungsfeld für die Förderung von Lesefähigkeit und Textverständnis.
Die Bildungsplanreform 2004 führt zu einer Stärkung der naturwissenschaftlichen Bildung in den Realschulen des Landes. Wesentliche Voraussetzungen hierfür sind beispielsweise
NWA löst die Tradition der Fächervielfalt im naturwissenschaftlichen Bereich der Realschule ab. Diese Ablösung ist mit dem Anspruch verbunden, Schülerinnen und Schüler zu einem kompetenten und verantwortungsvollen Umgang mit naturwissenschaftlichem Wissen im privaten und öffentlichen Bereich zu befähigen. Diesem Anspruch zu genügen, setzt eine erhebliche Steigerung der pädagogischen Wirksamkeit jeder einzelnen naturwissenschaftlichen Unterrichtsstunde voraus. Dabei ist die Wichtigkeit von Methodenkompetenz, Sozialkompetenz sowie Kommunikations- und ethischer Handlungskompetenz gegenüber Fachspezifika immer wieder neu einzufordern.
(Ministerium für Kultus, Jugend und Sport Baden-Württemberg Infodienst Eltern 10/Juni 2004 - ISSN 1613-4559)